Die Trauer als Rabe in der Brust einer alleinerziehenden Witwe, eine katzennärrische Begine mit dem 2. Gesicht & bewaffnetem Widerstand im Herzen, Kartons voller preisverleihungswürdiger Zivilcouragierter, ein ausgestiegener, Ganzkörper tätowierter Drachenbaukünstler aus der ehemaligen DDR, ein Huhn mit Katzenklo…
Ich könnte sie ewig so weiter auflisten, denn in In einem anderen Licht, dem 2017 erschienenen Roman von Katrin Bruseg, wird kein „wärmendes-Herz-Klischee“, keine besänftigende Rührseligkeit ausgelassen. Die Autorin gibt alles, dass nach der Lektüre das eben noch leere Glas der, wie ich zugegebenermaßen etwas sexistisch vermute, hauptsächlich weiblichen Leserschaft nun wenigstens halbvoll ist
Manchmal braucht man so ein Buch, wenn das eigene Leben gerade irgendwie nicht so rund läuft, sucht jeder irgendwo Trost & Leser finden den in Büchern, manchmal auch in solchen.
Seit Inga Runge die Menschen vor den TV Schirmen nicht mehr mit dem Versprechen „Und alles wird gut“ in die Nacht entlässt, muss jeder sehen, wo er bleibt.
So auch Miriam. Eine junge Journalistin, Mutter des zuckersüßen 5-jährigen Max & Wohnstatt des oben erwähnten Raben, ist seit nunmehr 2 Jahren Witwe. Ihre große Liebe, Georg, Journalist wie sie, ist auf einer Reportagereise im Irak, von einer verwirrten Kugel mitten ins Herz getroffen worden. Seitdem versucht sie zu überleben & sich mit dem Raben zu arrangieren Das alte Leben loszulassen & an einem neuen zu gestalten: neuer Stadtteil, Hamburg St. Georg, das hippe, kosmopolitische Drachentöterviertel, neue Wohnung mit algerischem Café Betreiber im Vorderhaus, neues Bett, in dem sie nachts nur Max besucht, neuer Job, statt politischem Magazin, nun in der Redaktion eines Frauenmagazins mit Anspruch.
Für jenes Printwerk organisiert sie eine Preisverleihung; der Sartorius-Preis für Zivilcourage unter der Schirmherrschaft der Reedereiwitwe & großen Mäzenin, Dorothea Sartorius, über die sie auch einen Artikel schreiben soll. Während der Vorbereitung bekommt Miriam zahlreiche Briefe, die lediglich mit dem Kürzel E gezeichnet sind & sie auffordern Dorothea nach Marguerite zu fragen. Was sie während eines Interviews mit der Grande Dame, die der Öffentlichkeit gegenüber immer sehr zurückhaltend mit Details über ihr Leben war, auch tut. Sie erhält zwar keine befriedigende Antwort, aber die Aufforderung, den Absender ausfindig zu machen. Das gelingt ihr wenig später in einem Beginenkloster an der Schlei, wo sie ganz in der Nähe zus. mit Max einen Drachenbau-Workshop bei einem weit gereistem & hier im mystischen Land an der Schlei gestrandeten Akkordeonspieler gebucht hat. Die über Achtzigjährige Elisabeth wirft ihrer einstigen Weggefährtin, Dorothea, Verrat vor. Miriam lüftet Dorotheas Geheimnis & hadert mit sich es öffentlich zu machen.
Katrin Burseg erzählt in ihrem Roman von einer großen Liebe & ebensolcher Trauer, von jugendlichen Idealen & dem Verrat daran, erzählt von Wahrheit und Wahrhaftigkeit, von Sieg & Niederlage, sie erzählt einfach vom Leben.
Da sie dazu aber alle greifbaren Klischees bemüht, glückliche Zufälle sich an noch glücklichere Zufälle reihen, das der postulierte moralische Anspruch ihrer Heldin an die Zeit von der Wiege bis zur Barre ein gar unmenschlicher ist, erinnert mich In einem anderen Licht an die märchenhaften Geschichten, die uns schon als Kinder vorgelesen wurden.
Aber ja, manchmal braucht es ein „Es war einmal..“ & ein „Und sie lebten glücklich bis an ihr Ende,“ um dem wahren Leben wieder die zerfurchte Stirn bieten zu können.
Katrin Bruseg: In einem anderen Licht. List Verlag. 2017
Ich danke dem Verlag für das Rezensionsexemplar.