Die Vitaminbombe der Gemüse Competition im Monat März ist der (Trommelwirbel!!!):
Wirsing, Wirsingkohl, Welschkohl, Welschkraut, Savoyer Kohl, im Rheinland Schavur, in der deutschsprachigen Schweiz Wirz und in Österreich heißt der Angeber unter den Kopfkohlsorten schlicht Kohl 🙂
Erwählt, weil ich ihn im Vergleich mit seinen Verwandten dem Weißkohl & Rotkohl einfach noch nur Spur ansehnlicher finde und weil ihn und mich eine alte Geschichte verbindet. Eine offene Wunde aus meiner Kindheit, die ich jetzt mit dieser Competition beabsichtige zu schließen.
In meiner wie in vielen anderen Familie auch war es üblich, dass das Geburtstagskind sich an seinem Ehrentag sein Leibgericht wünschen durfte. Eines meiner waren Kohlrouladen, deren Fleischfüllung sanft in Wirsingblätter gehüllt werden, bevor sie dann in einer Brühe schmoren.
Nun hat mich das Schicksal aber, um es nicht all zu despektierlich auszudrücken, mit einer kulinarisch eher grobmotorischen Mutter geschlagen, die die Küche als Strafkolonie verstand. Es gab zwar immer mal wieder Phasen ekstatischen Werkelns: die ayuwedische Phase, Joghurtkulturen, wo hin das Auge fiel, die Schrot- und Kornphase, eine Monstergetreidemühle besetzte die eh schon geringe Küchenarbeitsfläche und die „der Ofen bleibt aus, wir essen roh“- Phase, in der sie die nun hippe Paläo Diät vorwegnahm, aber letztendlich hatte alles dort Produzierte für uns Kinder etwas von ungenießbarer Gefängniskost.
Wenn es nun also darum ging Kohlroulade herzustellen, war meine Mutter, der der Menuwunsch zu diesseitig erschien, auch sehr erfinderisch unterwegs. Ich erinnere mich immer wieder mit Schrecken, wie ich vorfreudig von der Schule nach Hause kam, zum Herd sprintete, den Deckel vom größten unserer Töpfe riss, und statt des erwarteten Wickelwerks in eine bräunliche Schnippelpampe blickte. Meine von diesem Klassiker unterforderte Mutter hatte einfach alle Zutaten plus ein paar weiterer, die dem Rezept ihre eigene Note geben sollten, zerkleinert und in den Topf geworfen, der nun seit geraumer Zeit vor sich hin köchelte.
Ich erinnere noch wie ich den riesigen, von Kondenswasser tropfenden Deckel schwingend, ins Zimmer meiner Mutter stürzte, um meiner Empörung lautstark Luft zu machen. Diese wollte aber meine Aufregung, ob des doch nur minimalen Unterschieds zum Original, ihrer verbesserten Version des so furchtbar spießigen Rezepts, überhaupt nicht verstehen.
Seit dem war für mich klar, ich musste kochen lernen, auch um bestmöglich gegen diese genetische Fehlstellung mütterlicherseits anzuarbeiten.
Dieses Wirsingtrauma hat mich nun lange genug begleitet, also dachte ich mir, dass diese Competition ein passender Ort ist, mich davon endlich davon zu befreien und den armen Wirsing mit einem schmackhafteren, selbst gekochten Zungenerlebnis zu verbinden.
Ein hübsches Kerlchen ist er doch mit seinen gewellten Blättern, der eine ihm würdige Behandlung verdient. Ein Mittelmeerabkömmling, den es nachweislich seit dem 16. Jahrhundert gibt, und der seit dem 18. auch in Deutschland angebaut wird. In Frankreich, wo man seinen menschlichen Liebsten auch gerne Kohlköpfchen (chou chou) nennt, heißt die sensible Kulturpflanze übrigens Chou de Milan.
Ich bin schon gespannt, was Euch & mir dazu einfällt.
Bis zum 15. heißt es jetzt also an die Töpfe, fertig, los!
Beitragsbild: © Bibliographisches Institut, Berlin